Co-Chief Karsten’s German Weekly Letter 1
(blog posted for Co-Chief Scientist Karsten Gohl)
IODP Expedition 379 ins Amundsenmeer (Westantarktis) mit dem Forschungsbohrschiff JOIDES Resolution
Wochenbrief Nr. 1 18.1. bis 27.1.2019
Dieses ist der erste der wöchentlichen Berichte, die ich von unserer Expedition an alle interessierten Kollegen, Familienangehörige und Freunde mehr oder weniger regelmäßig verschicke. Wer an den offiziellen täglichen und wöchentlichen operativen und wissenschaftlichen Berichten der Expedition interessiert ist, schaut bitte auf den Link unten.
Der Eisschild der Westantarktis würde zwischen 3,5 und 5,5 Metern zum globalen Meeresspiegelanstieg beitragen, wenn er schmilzt. Erste deutliche Anzeichen für den Rückgang des Eisschildes finden sich vor allem im Amundsenmeer-Sektor der Westantarktis. Ist der dortige Rückgang des Eises symptomatisch auch für die vergangenen Warmzeiten der Erde? Sind die Vorgänge, die wir heute für den Rückzug verantwortlich machen, nämlich das Eindringen von warmen Ozeanströmungen auf den Kontinentalschelf, auch in der Vergangenheit aktiv gewesen? Und was können wir aus diesen Vorgängen der geologischen Vergangenheit in Bezug auf zukünftige Prognosen zum Eisschild und sein Beitrag zum Meeresspiegelanstieg lernen?
Um diesen Fragen auf den Grund zu gehen, hatten wir vor 9 Jahren einen sehr aufwendigen Antrag für die Nutzung des wissenschaftlichen Bohrschiffs JOIDES Resolution gestellt. Das Schiff ist das Herzstück des International Ocean Discovery Program (IODP), einem internationalen Konsortium für wissenschaftliches Bohren in den Ozeanen, und daher sehr begehrt. Nun ist es soweit: Voller Erwartung und Vorfreude auf die kommende Expedition bin ich mit meiner amerikanischen Expeditionsleitungskollegin Julia Wellner und unserem Expedition-Project-Manager Adam Klaus am 18.1. auf das Bohrschiff gegangen, das wenige Tage zuvor in Punta Arenas im chilenischen Teil von Patagonien eingelaufen war. Da weder Julia noch ich bisher an einer Expedition mit diesem Schiff teilgenommen haben, waren wir dankbar, dass sich Adam viel Zeit nahm, uns das Schiff, seine Labore und Gerätschaften zu zeigen, und wir uns mit allem etwas vertraut machen konnten, bevor das Schiff am nächsten Tag voll wurde. Denn am 19.1. haben alle anderen 28 wissenschaftlichen Teilnehmer eingeschifft und zugleich fand ein Besatzungswechsel statt. Zusammen mit der Schiffsbesatzung, den zahlreichen Technikern für die Labore und dem ebenfalls zahlreichen Personal für die Bohrtechnik sind wir 125 Personen aus aller Welt an Bord. Die amerikanische JOIDES Resolution ist ein beeindruckendes Schiff mit seinem 50 m hohen Bohrturm und den Aufbauten mit den Bohrvorrichtungen, Lagern und Laboren. 145 m Länge misst es, wurde schon 1977 gebaut und ist mehrmals umgebaut und modernisiert worden.
Wir lagen nach dem Einschiffen noch einige Tage an der Pier, denn die Ladearbeiten und schiffstechnischen Vorbereitungen für unsere Expedition nahmen Zeit in Anspruch. Ein intensives Vorbereitungsprogramm mit Einführungsvorträgen und Einweisungen der Besatzung und des IODP-Stammpersonals zu den Schiffseinrichtungen, der Schiffssicherheit, den Laboren und dem Ablauf der Bohrkernbearbeitung füllte die Tage wie im Fluge. Um dem amerikanischen Forschungseisbrecher Nathanial B. Palmer, der ebenfalls ins Amundsenmeer fahren wird, Platz zu machen, sind wir noch kurz auf Reede gegangen, um dann am Nachmittag des 23.1. den Anker zu lichten und in Richtung Amundsenmeer auslaufen. An Chiles Westküste tobte ein Sturm, weshalb der Kapitän die östliche Route der Magellanstraße in den Atlantik gewählt hat. Die ist zwar länger, aber im Sturm wären wir auch nicht vorangekommen. Auch waren viele froh, ihre Seefestigkeit nicht gleich kurz nach dem Auslaufen zu testen. Allerdings kam dieser Test dann zwei Tage später bei der Durchfahrt durch die Drake-Passage südlich von Kap Hoorn. Durch die Länge des Schiffs stampft es zwar nicht sehr, aber das starke Rollen machte einigen zu schaffen. Schneller als 6 Knoten kamen wir bei dem Seegang auch nicht voran.
Inzwischen verbesserte sich das Wetter und der Seegang, und wir sind jetzt mit guten 10-11 Knoten auf dem Weg ins Amundsenmeer. Am 31.1. sollten wir unsere erste Bohrlokation erreichen. Nach all den Vorbereitungen hier an Bord sind wir alle ungeheuer gespannt auf diese erste Station. Mehrere mögliche Bohrstationen stehen zur Auswahl, da diese Region auch im Südsommer immer von Meereis und Eisbergen beeinträchtigt ist. Wir bekommen vom Deutschen Luft- und Raumfahrtzentrum (DLR) und dem Institut für Umweltphysik der Universität Bremen sehr gute Satellitenbeobachtungsdaten an Bord geschickt, die von den beiden Eisbeobachtern John und Garry täglich ausgewertet werden. Es wird sich erst kurz vor Ankunft herausstellen, an welcher Station zuerst gebohrt werden kann.
In den nächsten Wochenbriefen werde ich mehr über wissenschaftlichen Ziele der Expedition erzählen.
Mit herzlichen Grüßen
Karsten Gohl
Offizielle tägliche und wöchentliche operative und wissenschaftliche Berichte der Expedition:
http://iodp.tamu.edu/scienceops/sitesumm.html
Offizielle Webseite mit Medien-Links und Blogs zur Expedition:
http://iodp.tamu.edu/outreach/expeditions/amundsen_sea_ice_sheet_history.html