Wieviel hat es vor 5 Millionen Jahren geregnet?
In einem früheren Blog habe ich beschrieben, dass diese Expedition das Ziel hat, den Monsun bzw. die Regenmenge vergangener Zeiten herauszufinden.
In diesem Blog erkläre ich, wie man das macht.
Der Regen hinterlässt seine Spuren im Meer.
Zunächst einmal ganz direkt, indem er das Wasser verdünnt und dadurch den Salzgehalt senkt. Das Wasser im Golf von Bengalen ist im Juli genauso salzarm wie das der Ostsee, im Mittelmeer ist er im Vergleich etwa doppelt so hoch.
Diesen Salzgehalt kann man auf folgende Weise abschätzen:
Wasser besteht aus H2O-Molekülen. In diesen Molekülen findet man neben dem „normalen“ Sauerstoff 16O (die „16“ bedeutet, dass dieses Atom 16 Teilchen im Kern hat) auch ein Isotop, das 18O. Dieses hat 18 Teilchen im Kern und ist darum schwerer. Verdunstet nun Wasser, dann finden sich im Dampf mehr 16O als im flüssigen Wasser weil Wassermoleküle mit 16O leichter sind und dadurch häufiger aus der Flüssigkeit „heraushüpfen“ können. Dieser Effekt wird noch verstärkt, wenn der Wasserdampf als Wolke teilweise abregnet: nun werden umgekehrt die schweren Wassermoleküle mit 18O häufiger flüssig und verlassen die Wolke als Regentropfen.
Der Wasserdampf wird so immer reicher an leichtem 16O.
Und wenn er dann letztendlich als Regen, z.B. über dem Golf von Bengalen, abregnet, gelangt mehr leichtes 16O ins Meerwasser als normal drin ist.
Das bedeutet: viel Regen über Meerwasser erzeugt zum einen niedrigen Salzgehalt und gleichzeitig einen hohen Anteil an 16O.
Viel 16O bedeutet niedriger Salzgehalt.
Den Salzgehalt vergangener Zeiten kann man nicht direkt messen, was man aber bestimmen kann, ist der Gehalt an 16O. Die Foraminiferen verwenden nämlich dankenswerterweise unter anderem Sauerstoff, um ihre Gehäuse aufzubauen. Foraminiferen (oder liebevoll „Forams“) sind kleine einzellige Meeresbewohner, von denen manche Arten frei schwebend („planktisch“), andere am Boden („benthisch“) leben. Und diese süßen kleinen Fexe (man kann sie mit bloßem Auge gerade eben noch erkennen) bauen wie gesagt ihr Gehäuse aus Kalk auf. Und Kalk enthält Sauerstoff, was man in der chemischen Formel CaCO3 sieht („Oh, drei O!“).
Wieviel des Sauerstoffs in der Schale nun aus 18O besteht (es ist übrigens fast ausschließlich 16O, der schwere 18O ist sehr selten) hängt nun von zwei Faktoren ab: wie viel ist im Meerwasser das die Forminiferen zum Aufbau verwenden (logisch!) und außerdem noch von der Temperatur.
Das ist natürlich blöd, weil einem die Temperatur – die man ja nicht kennt, weil sie vor ewig langer Zeit geherrscht hat – einen Strich durch die Rechnung machen kann.
Aber es gibt eine Lösung für dieses Problem und die kommt, juhu! wieder mal von den Foraminiferen.
Die bauen ja wie gesagt ihre Schalen aus Kalk, chemisch CaCO3 , auf. Allerdings verirren sich ab und zu die falschen Atome in diesen Kalk. Dann werden nicht Calcium-, sondern die relativ ähnlichen Magnesiumatome verwendet und man erhält MgCO3. Ganz wenig im Vergleich zur Gesamtmenge, aber messbar.
Und diese kleine Menge Magnesium hängt ab von…
…der Temperatur!
Das heißt, wenn man das Verhältnis von Calcium und Magnesium im Kalk der Forams bestimmen kann, kann man daraus die Temperatur ermitteln.
Also nochmal alles zusammengefasst:
Wenn der Monsun stark ist, regnet es viel.
Wenn es viel regnet, wird das Meerwasser verdünnt.
Dadurch sinkt der Salzgehalt.
Und es kommt mehr 16O ins Meer.
Das kann man in den Schalen der Foraminiferen finden und messen.
Wenn man weiß wie hoch die Temperatur war.
Das kann man messen, in dem man das Calcium-/Magnesiumverhältnis in den Schalen bestimmt.
Oder umgekehrt:
Man misst das Calcium-/Magnesiumverhältnis in den Schalen der Foraminiferen.
So erhält man die Temperatur, die früher geherrscht hat.
Dann misst man den Anteil von 16O in den Schalen.
Zusammen mit der Temperatur erhält man so den Salzgehalt.
Daraus lässt sich die Regenmenge ermitteln.
Und, voilà, dann weiß man, wie stark es geregnet hat!