Co-Chief Karsten’s German Weekly Letter 6
(blog posted for Karsten Gohl)
IODP Expedition 379 ins Amundsenmeer (Westantarktis) mit dem Forschungsbohrschiff JOIDES Resolution
Wochenbrief Nr. 6 25.2. bis 3.3.2019
Nach Wochen relativ ruhiger See mit gelegentlich aufbrisenden Winden brach in dieser Woche nun doch mal ein Sturm los. Zwar nicht sehr extrem, aber doch mit einer hohen Dünung, die uns dazu zwang, das Bohrloch zu verlassen. Der Einfluss des Hebens und Senkens des Schiffs durch die Dünung auf den Bohrstrang wird zwar durch eine Hievkompensation ausgeglichen, aber ab einer bestimmten Wellenhöhe wirkt dieser Ausgleich nur teilweise, so dass sich die Qualität der Bohrkerne durch die dauernde Auf- und Abwärtsbewegung des Bohrstrangs rapide verschlechtert.
Zuvor hatten wir bereits eine Bohrtiefe von 187 m erreicht und äußerst gute Bohrkerne gewonnen. Nicht nur die Mikropaläontologen waren begeistert, denn Abschnitte der erbohrten Sedimentkerne sind voll mit fossilen Mikroalgen und Einzellern, wie Diatomeen (Kieselalgen), Radiolarien (Strahlentierchen) und Foraminiferen; wesentlich mehr, als an der ersten Bohrstation. Diese Kernabschnitte sind auch durchzogen von fossilen Gängen, die damals durch Würmer und andere Lebewesen in den Meeresboden gegraben wurden. Dies sind alles Hinweise auf Intervalle von warmen Interglazialzeiten, die eine hohe biologische Produktivität möglich machten.
Die durch den Sturm bedingte längere Unterbrechung brachte auch für die Laborgruppen die Möglichkeit, die sich inzwischen in den Regalen aufgestauten, aber noch nicht gespaltenen Bohrkerne mit den entsprechenden Kernbeschreibungen und -analysen abzuarbeiten. Obwohl sich so langsam eine gewisse Müdigkeit bei allen aufgrund der 12-stündigen Arbeitsschichten einstellt, ist die Stimmung und Atmosphäre wunderbar. Dazu tragen mit Sicherheit auch die äußerst vielseitigen und leckeren Gerichte der Bordküche bei, die viermal am Tag alle 6 Stunden an der Essensausgabe der Messe bereit stehen.
Am Freitag ließ der Sturm nach, und dank des Wiedereintrittstrichters konnten wir den Bohrstrang problemlos wieder ins Bohrloch einführen und auf die vorherige Tiefe bringen. Nach einigen kürzeren Unterbrechungen aufgrund nahender Eisberge hatten wir bis Samstagabend die Tiefe von 284 m im Bohrloch U1533B (ASRE-09A) erreicht. Obwohl die Häufigkeit der Eisberge nach dem Sturm stark abgenommen hat, kam uns doch wieder einer in die Quere, so dass wir das Bohrloch erneut verlassen mussten. Diesmal nutzten wir die Wartezeit, um auf die Rotary-Bohrkrone zu wechseln. Dafür muss der Bohrstrang wieder komplett zum Schiff gehievt werden, um ihn dann erneut auf 4200 m Wassertiefe zum Trichter abzusetzen. Aber der Aufwand ist es wert, denn wir wollen hier in größere Tiefen hineinbohren und damit in immer älter werdenden Sedimentschichten, die uns auch von den Anfängen der antarktischen Vereisung erzählen können. Und das geht nur mit dieser Rotary-Bohrkrone. Wir hoffen jetzt auf einen guten Bohrfortschritt. Vielleicht schaffen wir in den verbleibenden Tagen ja noch eine weitere Bohrstation nahe des Kontinentalschelfs ….
Mit herzlichen Grüßen
Karsten Gohl
Alfred-Wegener-Institut Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI)
Offizielle tägliche und wöchentliche operative und wissenschaftliche Berichte der Expedition:
http://iodp.tamu.edu/scienceops/sitesumm.html
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https://joidesresolution.org/expedition/379/
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