Co-Chief Karsten’s German Weekly Letter 3

(Blog posted for Karsten Gohl)

IODP Expedition 379 ins Amundsenmeer (Westantarktis) mit dem Forschungsbohrschiff JOIDES Resolution

Wochenbrief Nr. 3        4.2. bis 10.2.2019

Bis in 400 m Tiefe in den Untergrund sind wir auf der Sedimentdrift nach etwas mehr als einer Woche gekommen. Das klingt auf den ersten Blick nicht nach sehr viel, denn wir bohren ja ‚nur’ durch relativ weiches Sedimentgestein. Wenn man aber die dauernden Zwangspausen durch Eisbergannäherung berücksichtigt, ist das Ergebnis bisher recht ordentlich. So zog sich unser Arbeitsrhythmus durch die Woche: Phasen mit spannenden Bohrkernen wechselten mit kürzeren oder längeren Pausen beim Bohren. Insgesamt ist der Kerngewinn aber äußerst gut. Nur sehr wenige Kerne der obersten 200 m waren nicht komplett mit Sedimentmaterial gefüllt. Das ändert sich jetzt mit zunehmender Tiefe, denn das inzwischen sehr verfestigte Sediment lässt sich jetzt nicht mehr mit dem sogenannten ‚Advanced Piston Corer’ (APC) erbohren.

Ellen Cowan und Johann Klages beschreiben einen der Sedimentkerne. Diese visuelle Beschreibung ist eine der vielen Datensätze, die in die Datenbank gehen (Foto: Christine Siddoway).

 

Wir arbeiten mit drei verschiedenen Bohrsystemen: das APC besteht aus einem Kolben, der über eine unter Hochdruck gesetzte Bohrspülung in das Sediment ‚gestanzt’ wird. Dieses System wird in erster Linie bei relativ weichen Sedimenten eingesetzt. Wenn das keine guten Kerne mehr liefert, wechselt man zum ‚Extended Core Barrel’ (XCB), wo der Kolben ca. 40 cm unter einer sich rotierenden Bohrkrone hervorsteht und in das Sediment gepresst wird, während die Bohrkrone das Material um den Kolben herum zermahlt. Bei zunehmender Tiefe und immer stärker verfestigten Sedimente verschlechtern sich die Bohrkerne zunehmend, und man wechselt auf das ‚Rotary Core Barrel’ (RCB), die klassische rotierende Bohrkrone, die sich in das Sedimentgestein oder auch Festgestein hineinmahlt. Der Bohrkern wird durch eine Öffnung zwischen den vier mit Zähnen besetzten Mahlkegeln gewonnen (s. Foto). Während das APC und XCB mit dem gleichen Bohrstrang abwechselnd eingesetzt werden kann, muss beim Wechseln auf das RCB der gesamte Bohrstrang wieder an Deck geholt und nach dem Wechseln der Bohrkrone wieder zum Meeresboden gebracht werden, um eine Bohrung erneut anzusetzen. Bei 4000 m Wassertiefe und ein paar hundert Meter Bohrtiefe dauert solch eine Aktion schon mal rund 24 Stunden. Alle drei Bohrsysteme haben ihren Vor- und Nachteil. Die äußerst erfahrenen Ingenieure und Bohrtechniker hier an Bord helfen uns dabei, das für die jeweiligen Tiefen und Sedimente beste Bohrsystem einzusetzen.

Unsere ersten Bohrergebnisse können sich sehen lassen. Wir bohrten die obersten 50 m durch Ablagerungen des Pleistozän (vor 10.000 bis 2,6 Millionen Jahre), gefolgt von mächtigen Sedimentlagen des Pliozän (vor 2,6 bis 5,3 Millionen Jahre). In den älteren Lagen des Pliozän befinden wir uns jetzt und hoffen, demnächst in die Epoche des Miozän vorzustoßen. Durch die hohen Sedimentationsraten auf der Sedimentdrift, auf der wir uns an dieser Bohrstation befinden, können wir die Veränderungen der Sedimente in Hinblick auf ihre Zusammensetzung und ihren Gehalt an Mikrofossilien im Verlauf der glazial-interglazialen Zyklen analysieren. In der Klimaforschung sprechen wir von Orbitalzyklen, bei denen die permanenten Änderungen der astronomischen Bahnparameter der Erde (Präzession, Neigung der Erdachse, Abweichung von der elliptischen Umlaufbahn) den Wechsel von Eiszeiten und Warmzeiten mit Perioden von jeweils ca. 23.000, 41.000 und 100.000 bzw. 400.000 Jahren bestimmen. Diese hohe zeitliche Auflösung der Sedimente ermöglicht uns, die Reaktion des westantarktischen Eisschildes auf diese natürlichen Änderungen genauer zu rekonstruieren, um dann diese Erkenntnis in numerische Modelle einzubauen, die die heutigen Änderungen mit den damaligen vergleichen lassen. Die Ergebnisse sollen somit genauere Aussagen über die zukünftige Entwicklung des Eisschildes bei zunehmender globaler Erwärmung liefern.

 

Eine neue Bohrkrone (RCB) vor ihrem ersten Einsatz (Foto: K. Gohl).
Es ist ein sehr eingespielter Job, den die Bohrtechniker auf dem Drill Floor machen (Foto: K. Gohl).

 

Aber so weit sind wir noch lange nicht, denn die Sedimente (Tone, Silt, Sande, Mikrofossilien) müssen erst aufwendig in den Laboren der Heimatinstitute der wissenschaftlichen Teilnehmer analysiert werden. Auch wenn die Labore auf der JOIDES Resolution hervorragend ausgestattet sind, ist die Menge an Kernmaterial einfach zu groß, um in der Zeit an Bord vollständig beprobt und analysiert zu werden. Die verschiedenen Laborgruppen können hier nur Stichproben nehmen, um erste Anhaltspunkte über die Zusammensetzung, Eigenschaften und Alter der Sedimente zu

Mit herzlichen Grüßen

Karsten Gohl

Alfred-Wegener-Institut Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI)

Dieser mittelgroße Eisberg sieht so harmlos aus, aber er erzwingt einen Bohrstopp und das Versetzen des Schiffs, wenn er sich dem Schiff nähert. Die JOIDES Resolution ist im Hintergrund zu sehen (Drohnenfoto: Phil Christie).
Ein Halo verzaubert die Sonne (Foto: Tim Fulton).

 

Offizielle tägliche und wöchentliche operative und wissenschaftliche Berichte der Expedition:

http://iodp.tamu.edu/scienceops/sitesumm.html

Offizielle Webseiten mit Medien-Links und Blogs zur Expedition:

http://iodp.tamu.edu/outreach/expeditions/amundsen_sea_ice_sheet_history.html

https://joidesresolution.org/expedition/379/

Author:
N Kurtz
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Outreach Manager
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