Co-Chief Karsten’s German Weekly Letter 5

(blog posted for Karsten Gohl)

IODP Expedition 379 ins Amundsenmeer (Westantarktis) mit dem Forschungsbohrschiff JOIDES Resolution

Wochenbrief Nr. 5 18.2. bis 24.2.2019

War die vorangehende Woche noch zum Verzweifeln, konnten wir Anfang dieser Woche so richtig in die Produktion gehen. Die Eisberge ließen uns ein paar Tage in Ruhe. Wenn sie sich dann doch näherten, musste die Bohrung zwar unterbrochen und der Bohrstrang aus Vorsichtsmaßnahme nur etwas angehoben werden, denn die Eisberge entfernten sich auch zügig wieder. Bis auf 717 m Bohrtiefe konnten wir das Bohrloch in der ersten zwei Tagen vertiefen, d.h. rund 100 m pro Tag, was in dieser Wasser- und Bohrtiefe eine sehr gute Rate ist. Erst ab Mittwoch mussten wir wieder eine längere Bohrpause einlegen und am Donnerstag sogar wieder das Bohrloch verlassen. Der Wiedereintrittstrichter wurde schnell mit Hilfe der Unterwasserkamera und dem dynamischen Positionssystem gefunden, aber der Wiedereintritt in das Bohrloch gestaltete sich unerwartet schwierig. Der Trichter war in der Zwischenzeit tief abgesunken und von einem großen Haufen Bohrklein überschüttet, so dass er nicht mehr zu erkennen war. Über 3,5 Stunden brauchte das Bohrteam, bis der Bohrstrang wieder eingeführt werden konnte.

„Core on deck!“ ertönt es über die Lautsprecher. Das „catwalk“-Team nimmt einen neuen 9,6 m langen Bohrkern in Empfang (Foto: K. Gohl).

 

Am frühen Samstagmorgen mussten wir die Bohrung dann doch komplett abbrechen, nachdem sich ein großer Eisberg immer weiter dem Schiff näherte. Er blieb zwar eine Zeitlang auf der Stelle stehen, so dass der Kapitän eine stückweise Fortführung der Bohrung erlaubte, aber dann gab er das Kommando zum Entfernen des Bohrstranges aus dem Bohrloch, weil das Risiko zu groß wurde. Da wir bereits beim letzten Mal große Schwierigkeiten hatten, den Strang wieder in das Bohrloch einzuführen, entschieden wir uns, diese Bohrstation U1532 (ASRE-8A) abzuschließen und zur einer neuen Station zu fahren. Wir sind zum Schluss immerhin bis auf 794 m Bohrtiefe gekommen; das ist die tiefste jemals vor der Westantarktis durchgeführte Bohrung!  Wir haben das gesamte Holozän und Pleistozän (bis vor 2,6 Millionen Jahren) und das Pliozän (vor 2,6 bis 5,3 Millionen Jahren) durchteuft, und sind bis in das obere Miozän gekommen. Die extrem hohen Sedimentationsraten und der äußerst gute Kerngewinn von rund 90% an dieser Bohrlokation versprechen eine sehr genaue Analyse der Zyklen von Glazial- und Interglazialzeiten für diesen Zeitraum.

Keiji vergleicht die visuellen Kernbeschreibungen mit Daten der physikalischen Eigenschaften, z.B. Dichte, Farbspektrum und magnetische Eigenschaften, um die Zusammensetzung der Sedimente zu bestimmen helfen (Foto: K. Gohl).

 

 

Die diesjährige Eisbedeckung im Amundsenmeer lässt uns keine große Wahl für eine neue Bohrstation. Für den Kontinentalschelf verschwinden die Chancen mit jedem Tag mehr, denn dort nimmt die Eisfläche langsam wieder zu; die Saison geht dem Ende entgegen. Wir wählen eine Station (ASRE-9A; 68°44,0’S, 109°0,0’W) rund 60 km entfernt in 4200 m Wassertiefe, am Fuße der gleichen Sedimentdrift, die wir bereits erbohrt haben. Anhand der seismischen Messprofile wissen wir, dass die Sedimente dort dichter aufeinander abgelagert wurden, so dass wir schneller in die älteren Sedimentschichten kommen, die wir an der vorherigen Bohrstation nicht mehr erbohren konnten. Diesmal wird ein Wiedereintrittstrichter gleich von Anfang an am Meeresboden abgesetzt, so dass wir jederzeit wieder in das Bohrloch zurückkönnen, falls uns auch hier die Eisberge das Arbeiten schwer machen. Und schon bei Ankunft an dieser Lokation sehen wir, dass es nicht einfacher werden wird, denn auch hier sind Eisberge überall zu sehen …

Spannende Diskussion um den gerade geöffneten Sedimentkern aus 700 m Bohrtiefe: Was erzählen uns die verschiedenen Lagen der Sedimente über das Verhalten des westantarktischen Eisschildes in den Warm- und Kaltzeiten? (Foto: Tim Fulton).

 

Mit herzlichen Grüßen

Karsten Gohl

Alfred-Wegener-Institut Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI)

 

Offizielle tägliche und wöchentliche operative und wissenschaftliche Berichte der Expedition:

http://iodp.tamu.edu/scienceops/sitesumm.html

Offizielle Webseiten mit Medien-Links und Blogs zur Expedition:

http://iodp.tamu.edu/outreach/expeditions/amundsen_sea_ice_sheet_history.html

https://joidesresolution.org/expedition/379/

https://joidesresolution.org/karsten-letters/  (alle deutschsprachigen Wochenbriefe)

Author:
N Kurtz
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